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Roald Amundsen, wie ihn die Menschen nach seinem Tod in
Erinnerung behielten.
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Handcolorierte Aufnahme. Foto: National Library, photography
department, Oslo
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1928
verschwand der |
berühmte Polarforscher |
Roald
Amundsen - |
der
weiße Adler |
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Am 18. Juni
1928 startete der weltberühmte
Polarforscher Roald Amundsen seine Rettungsexpedition für
die Überlebenden des havarierten Zeppelins Italia des italienischen Generals Umberto
Nobile. An diesem Tag blickte die Welt auf
die Arktis, wo Amundsen mit seiner Rettungsexpedition,
geschmäht von der italienischen Regierung, in das Flugzeug Latham
47 stieg, vor der norwegischen Insel Tromsøya aus dem
Wasser abhob und nordwärts fliegend für immer
verschwand. Eines
der Bücher, die zu diesem historischen Gedenktag 2003
herausgekommen sind, ist von dem Norweger Olav Gynnild,
Kurator am
Luftfartmuseum in Bodø.
Er hat
aus dem Fliegerleben von Amundsen ein spannendes Buch
gemacht. Es ist
nicht nur eine Schilderung von Amundsens Expeditionen, es
ist zugleich eine faszinierende Darstellung der historischen
Arktisfliegerei in Norwegen überhaupt. Ballonfahrt Auf
der ersten Seite schildert Gynnild die Ballonfahrt der
Franzosen Paul Rolier und Leon Bézier, die 1870 in der
Nähe des Lifjell in der Telemark erst die Bevölkerung
verschreckten und dann eine Bruchlandung machten. Zwei
Jahre nach dieser legendären Ballonfahrt wird
Roald Amundsen am 16. Juli 1872 nahe bei Sarpsborg geboren.
Ob noch unter diesem spirituellen Einfluss oder angesichts der
konsequenten Entwicklung der allgemeinen Luftfahrt, auf
jeden Fall ist Amundsen von der Möglichkeit des Fliegens fasziniert.
Auch markiert das Flugzeug einen Wechsel in der
Forschung. Erste
Eis- und Expeditionserfahrungen sammelt Amundsen auf der Belgica-Expedition
von Baron Adrien de Gerlache de Gomery in der
Antarktisregion 1897-99. Ebenfalls mit an Bord Frederik A.
Cook, der sich später damit brüsten wird, der
Erste
am Nordpol gewesen zu sein. Vier Jahre
danach startet der Norweger mit der Adlernase seine erste
eigene Expedition mit dem Schiff Gjøa. Ihm gelingt
als erster Mensch die Durchfahrt der legendären
Nordwestpassage (1903-1906).
Im Herbst 1909 wird Amundsen
um die Früchte seines Forscherstrebens gebracht. Sein
ehemaliger Belgica-Kamerad und der ebenfalls mit
Robert Peary langjährig verbundene Dr. Frederik Cook
verkündet, er habe den Nordpol bereits 1908 erreicht. Der
Amerikaner Robert E. Peary
gibt vor, er sei im Frühjahr 1909 am Nordpol gewesen. Beide
amerikanischen Forscher bezichtigen sich gegenseitig der
Lügerei, können aber auch ihre eigene Polerfolge nicht
endgültig beweisen. Dabei will
Amundsen gerade selbst zum Nordpol aufbrechen. Doch jetzt
drohen die Geldgeber abzuspringen, Amundsen sieht keinen
Sinn mehr im Erreichen des Nordpols, die Weltöffentlichkeit
hat auch kein Interesse mehr daran. Der Norweger reagiert
sofort und nimmt Kurs auf 90 Grad Süd. Am 14. Dezember 1911
erreicht er den Südpol und schafft es, den Briten das sicher
geglaubte Ziel zu entreißen. Denn die zeitgleich gestartete
Expedition von
Robert Falcon Scott erreicht den Südpol nur
wenige Tage später am 18. Januar 1912. Völlig demoralisiert,
geschwächt und eigentlich zu spät in der Jahreszeit treten
die Briten den Rückweg an. Scott und seine Männer sterben
wahrscheinlich am 29. März 1912 in ihrem von Schneestürmen
durchgeschütteltem Zelt. Abstürze Mussten
sich früher die Entdecker manchmal jahrelang durch
menschenfeindliche Gebiete quälen, so bietet das Flugzeug
die gleiche Möglichkeit
in wenigen Stunden - eben neue Ländereien zu entdecken. Wenn alles
klappt... Als
die Technik die theoretische Möglichkeit eröffnet, den
Nordpol auf dem Luftweg zu erreichen, setzt Amundsen sie
zum ersten Mal 1923 ein. Bei der Fahrt der Maud
durch die Nordostpassage (1918-1925) erreicht Amundsen
den Ort Wainwright in Alaska. Am 11. Mai 1923 unternimmt
Expeditionsteilnehmer Oskar Omdal einen Testflug mit dem
Flugzeug Elisabeth,
doch plötzlich verliert die Maschine an Höhe und kracht
auf den Boden. Omdal kann zum Glück unverletzt aus dem Wrack steigen,
doch das Flugzeug ist zerstört und kann nicht mehr
repariert werden. Ein
ähnliches Schicksal ereilt das zweite Flugzeug der Maud-Expedition:
Die Kristine verunglückt 1923 bei Testflügen in der
Nähe der Neusibirischen Inseln.
Wale zum Pol
1924
Schauplatz Dänemark. Hier trifft sich Roald Amundsen mit
führenden Vertretern der deutschen Dornier-Gesellschaft in
Hotels in Kopenhagen. Er muss sie von seinem Polplan
überzeugen. Sie sollen ihm die Technik für seinen
entscheidenden Nordpolvorstoß liefern. Dornier erklärt sich
schließlich bereit, ihm zwei Wal-Flugboote für seinen
Nordpolflug zur Verfügung zu stellen. Finanziert wird das
Unternehmen u. a. von dem amerikanischen Millionär und
selbsternannten Polarforscher
Lincoln Ellsworth. Doch Ellsworth stellt für sein
Engagement eine Bedingung: Er will persönlich an dem Flug
teilnehmen!
1924
trifft sich Amundsen in Kopenhagen mit Vertretern der
deutschen
Dornier-Gesellschaft. Sie wollen ihm zwei
Wal-Flugboote für seinen Nordpolflug zur Verfügung
stellen. Finanziert wird das ganze u. a. von dem amerikanischen
Millionär und selbsternannten Polarforscher Lincoln Ellsworth. Doch er stellt eine Bedingung: Er will persönlich
an dem
Flug teilnehmen! Um
17 Uhr des 21. Mai 1925 steigen die beiden Maschinen N-24
und die N-25 von der Königsbucht auf Spitzbergen in Richtung
Nordpol auf. Die Zurückgebliebenen warten Stunden, Tage auf
die Rückkehr der sechs Besatzungsmitglieder. Doch keines
der beiden Flugzeuge landet wieder in der Königsbucht. In
der Nacht zum 18. Juni 1925 erreicht der norwegische
Fischkutter Sjøliv die Königsbucht. Von den Leuten
an Land nimmt zunächst kaum einer Notiz von dem Schiff, doch
plötzlich entdecken sie an Bord die sechs verschollen geglaubten
Männer! Nach vier Wochen sind die Nordpolabenteurer wieder
an der Stelle, von wo aus sie gestartet waren. Doch
was war im Eis passiert? Die beiden Maschinen mussten zur
genaueren Ortsbestimmung auf 87 Grad 43 Minuten landen.
Dabei havarierte die N-24, sodass sie nicht mehr wieder
starten konnte und von der Besatzung aufgegeben werden
musste. In den folgenden vier Wochen waren die Männer damit
beschäftigt, eine Startbahn für die jetzt völlig
überladene N-25 zu schaffen. Völlig übermüdet, unter
schwersten Strapazen und mit großen Hunger gelang es den
Männern, eine Startbahn in der mit Eisbruch übersäten
Landschaft zu schaffen. Nur 251 Kilometer vom Nordpol
entfernt, am
15. Juni heulten endlich die beiden 350 PS starken
Rolls-Royce-Flugzeugmotoren auf dem Eis erneut auf, um die sechs Männer wieder nach
Spitzbergen zu bringen. Dort landete die N-25 praktisch mit dem letzten
Tropfen Benzin auf rauher See bei der Insel Nordostland.
Einen Riesenzufall, dass just in diesem Augenblick der
Fischkutter Sjøliv in der Nähe
unterwegs war und die Männer aufnehmen konnte. Das
Dornier-Wal-Flugboot wurde im Schlepptau genommen, die sechs
Männer waren gerettet.
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Die N-25 über dem
Oslofjord auf dem Weg von Horten nach Oslo.
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Foto: Norwegian
Aviation Museum
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Fliegertreffen
auf Spitzbergen Aber nur ein
Jahr später wird es voll im arktischen Luftraum. Amundsen
kann eine neue Luftexpedition in Richtung Nordpol organisieren.
Er gilt als Planer und Initiator dieser Reise. Neben ihm
steht der Italiener Oberst
Umberto Nobile, der Erbauer und Kapitän
des Zeppelins. Finanziert wird das Unternehmen zu einem
Sechstel von Lincoln
Ellsworth, der sich damit seinen Kindheitstraum verwirklichen
will. Nobile hat
jetzt den Schwarzen Peter in diesem nationalen Gerangel. Er, der dieses Schiff konstruiert
hat, spielt auf dieser Expedition nur eine untergeordnete
Rolle. Da der Aeroclub Norwegen den Zeppelin zum Großteil
gekauft hat, wird das Luftschiff von N-1 in Norge
umgetauft. Auch besteht der Aeroclub darauf, dass das
Projekt den Namen Amundsen-Ellsworth Polarexpedition
tragen soll. Die Norge
ist 106 Meter lang, 24,3 Meter hoch, 19,6 Meter breit und
hat ein Fassungsvermögen von 19.500 Kubikmetern
Wasserstoff. Als Antriebsmaschinen dienen drei
Maybach-Motoren mit jeweils 245 PS. Ein
Mann macht seinem Namen alle Ehre Doch
die Norge steht nicht allein in der Königsbucht. Der
amerikanische Pilot
Richard E. Byrd hat sich mit seinem
Fokker-F7-Hochdecker auf Schneekufen neben den Zeppelin
gestellt. Sein Flugzeug trägt den Namen Josephine Ford,
50 Männer sollen ihm bei dem rein amerikanischen Flugzeug-Nordpolvorstoß
helfen. In den ersten Stunden des 9. Mai hebt Byrd mit
seinem Co-Piloten Floyd Bennett in der Fokker in Richtung
Norden ab. Bereits 15
1/2 Stunden später landen Byrd und Bennett wieder in der
Königsbucht und erklären feierlich, sie haben den
Nordpol erreicht und seien 14 Minuten um den großen Nagel
gekreist. Bernt
Balchen, späterer Pilot bei Byrd, u. a. auch in der Josephine
Ford, zweifelt an der Wahrheit des Amerikaners: Die Fokker reist mit einer
Durchschnittsgeschwindigkeit von 112 - 113 Stundenkilometern,
wie die Historiker berichten. Die Entfernung von der Königsbucht zum
Nordpol beträgt 1.235 Kilometer, zurück das doppelte, ergo
2470 Kilometer. Bei der oben genannten
Durchschnittsgeschwindigkeit von 112 - 113 Stundenkilometer und
dem 14minütigen Nordpolkreisen hätten die beiden
Amerikaner ungefähr 22 Stunden unterwegs sein müssen. Richard
Evelyn Byrd, ein einflussreicher Mann mit machtvollen
Verbindungen, schickt ein
Telegramm an die New York Times, worin er behauptet,
er habe den Nordpol
erreicht. Seine Rückkehr später in die USA wird zu einer
gigantischen Siegesparade. Amundsen
gratuliert In der
Königsbucht
gratuliert Amundsen Byrd vom ganzen Herzen, Tränen rollen ihm über
sein Gesicht, als er ihm die Wangen küsst. Eine große Tat
von Amundsen oder nur Schauspielerei? Amundsen kann und darf
nicht mehr anders. Ihm schaut der Geist von Robert F. Scott über die
Schultern - ein Gespenst, was er selbst 14 Jahre zuvor in
der Antarktis geschaffen hat.
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Das Flugzeug von
Richard E. Byrd, die Josephine Ford, wird in Ny Ålesund
an Land gezogen.
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Foto: Norwegian
Aviation Museum
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Die
Norge nordwärts zum Nordpol Am
11. Mai 1926 um 9.55 Uhr erhebt sich die Norge in die
Luft. An Bord sind Roald Amundsen, Lincoln Ellsworth,
Umberto Nobile, Hjalmar Riiser-Larsen, Oscar Wisting, Oscar
Omdal, Finn Malmgren, drei weitere Norweger, ein
Schwede und fünf Italiener. Byrd begleitet in der Fokker
den Zeppelin sogar noch ein kleines Stück des Weges. Der
Streit zwischen dem norwegischen Polarforscher und dem
italienischen Kapitän schwelt über dem Eis. Nobile
beschwert sich über Amundsen, dass dieser während der gesamten
Fahrt kaum seinen vorderen Platz in der Gondel verlässt und
seinen Pflichten als Navigator nicht nachkommen will. So muss
Riiser-Larsen die Verantwortung übernehmen zu bestimmen,
wann der Punkt absolut null Grad Nord erreicht ist. Der
Nordpol als Geschenk Um
Mitternacht erreicht das Schiff 88 Grad 30 Minuten, und
Lincoln Ellsworth hat Geburtstag: Der Millionär wird 46
Jahre alt. Als Geschenk gibt es den Nordpol,
der um 2.20 Uhr passiert wird. Die norwegische,
amerikanische und italienische Flagge werden abgeworfen.
Amundsen bemerkt, dass die norwegische Fahne wundervoll auf
dem Eis wehe. Die
Weiterfahrt erfolgt nach Teller in Alaska. Amundsen sucht
nach neuem, unbekanntem Land, findet aber nur einmal Bärenspuren. Insgesamt
kann die Norge eine Fläche von 2,5 Millionen
Quadratkilometer arktischen Ozean erkunden, ohne aber neue
Inseln zu entdecken.
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Amundsen
sucht nach neuem Land von seinem Platz in
der vorderen Gondel.
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Foto:
National Library, photography department,
Oslo
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Enttäuscht Die Norge-Expedition ist eine große
Enttäuschung für den „weißen Adler“. Der Streit
mit Nobile, der Triumph von Byrd machen Amundsen zum
verbitterten Menschen. Die
Abrechnung erfolgt in seinem Buch „Mein Leben als
Entdecker“. Es ist das Testament eines tief innerlich
zerrissenen Mannes. Es ruft starke Reaktionen in der
Öffentlichkeit hervor und wird später sogar aus den
gesammelten Arbeiten der Polarliteratur gestrichen. Amundsen
verfeindet sich zunehmend mit Nobile, der für ihn auf dem Nordpolflug
nur ein „Angestellter“ gewesen ist. Darum zeigt er
Unverständnis für Nobiles Beförderung vom Oberst zum
General. Dabei waren es gerade Amundsen und Ellsworth, die
ohne näher definierte Aufgaben an Bord der Norge
weilten, also praktisch Passagiere waren.
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Amundsen gratuliert
Byrd nach seinem Polarflug. Direkt links daneben steht
Ellsworth.
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Foto: Norwegian
Aviation Museum
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Abrechnung Das
Buch „Mein Leben als Entdecker“ zeigt Amundsen als
verbitterten, neidischen und feindlich gesinnten
Einzelgänger. Er beginnt ein Mysterium seiner Selbst zu
werden: Wer ist er wirklich, und was sind seine Absichten? In
einer späteren Charakterisierung von Amundsen heißt es,
dass es falsch sei zu glauben, die geographische Erforschung des
arktischen Ozeans wäre Amundsens oberstes Ziel. Der Antrieb
ist vielmehr, dort als ERSTER sein zu müssen, Ehre und
Aufmerksamkeit zu bekommen. Amundsens Eile und Hast bei seinen Flugabenteuern kann mit der Angst des
Wettbewerbs, der Angst, „nur“ Zweiter zu sein,
gesehen werden. Schneller,
schneller, schneller... In
dem Buch von Olav
Gynnild wird Amundsen präzise analysiert. Aber Gynnild, sieht auch die
Zusammenhänge in der damaligen Zeit: Nach
dem ersten Weltkrieg wird der allgemeine Umgang schneller
und härter. Der
Ton in den Medien und der Politik ist rauher und auch
chauvinistischer. Ein neuer
Lebenstil kommt aus den USA: Jazz und Transatlantikflüge
sind modern, ebenso wie knielange Röcke, kurzhaarige
Mädchenfrisuren, und die Ellbogengesellschaft macht sich
breit. Um
Amundsen herum wird alles schneller. Die Medien jagen dem
Polarforscher hinterher, stellen ihm nach. Fotos, Filme
werden gemacht. In
diesen Mahlstrom der Medien wird Amundsen zwangsläufig mitgerissen. Amundsen, der einst in der endlosen
arktischen Weite nur seinen Pulsschlag, das Rauschen seines
Blutes hörte, kommt in Norwegen nicht mehr zur Ruhe.
Freunde
stellen sich gegen ihn, all seine Forschungen der
letzten 30 Jahre werden in Frage gestellt. Amundsen hat
Sehnsucht nach der Arktis - ein Gebiet, wo es friedlich ist,
wo es absolut still ist, und wo es die Freiheit des Willen
gibt: „Da stört mich keiner, alles ist persönlich, und ich
liebe sie.“ Was
zu entdecken war, ist entdeckt worden. Amundsen hat keine
weißen Flecken mehr auf der Landkarte zu erforschen. Sein
Leben hat sein Ziel damit erreicht. Doch
im Juni 1928 ruft die Arktis den Polarforscher erneut.
General Umberto Nobile ist mit seinem Zeppelin Italia
auf dem Rückweg vom Nordpol abgestürzt.
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Roald
Amundsen in der Latham 47.
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Foto: Polar Museum,
Tromsø
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Die
letzte Reise Die
Franzosen bieten Amundsen ein Wasserflugzeug, eine Latham
47 mit 1.000 PS, für eine Rettungsaktion an. Zuvor hat
der italienische Oberfaschist Mussolini Norwegen mit
Konsequenzen gedroht, falls Amundsen an einer offiziellen
norwegischen Rettungsexpedition teilnehmen sollte. Mit der Latham fliegen
Amundsen und der französische Kapitän René Guilbaud sowie
anderen Leuten von Bergen nach
Tromsø. Dort wassern die
Männer am Morgen des 18. Juni 1928. Es werden 2.500 Liter
Treibstoff an Bord genommen. An diesem Tage ist es
genau 25 Jahre her,
dass Amundsen mit der Gjøa-Fahrt
seine einzigartige Arktiskarriere startete. Das Wetter ist gut, und um 16
Uhr legt die Latham vom Lager der Vestlandske
Petroleumkompani ab. Die Zurückgebliebenen an Land
können beobachten, wie das voll beladene Wasserflugzeug mit
seinen elf Passagieren einige Probleme hat, in die Luft zu
kommen. Erst nach dem vierten oder fünften Versuch gelingt
es dem französischen Kapitän René Guilbaud, übrigens ein
sehr erfahrener Pilot, die schwere Maschine aus dem Wasser
in die Luft zu bekommen. In geringer Höhe fliegt die Latham
zuerst südwärts entlang Rystraumen, schwenkt dann
nordwärts über den Sund Malangen und bei Hekkingen
verlässt das Flugzeug die norwegische Küste. Um
18.45 Uhr empfängt das Geophysikalische Institut in Tromsø
Funksignale der Latham: Der Funker ruft die Station
in Ny Ålesund, um einige Telegramme zu übermitteln. Es ist
das letzte Lebenszeichen der Besatzung. Danach kommt kein
Funkkontakt mehr zustande. Die
Welt lauscht in den Äther, aber vergebens. Der
weltberühmte Polarforscher und die Besatzung
bleiben für immer verschollen. Am 31. August 1928 fischt
der Trawler Brogg bei Torsvåg (nördlich von Tromsø)
einen Tragflächenschwimmer der Latham aus dem Meer.
Im Oktober desselben Jahres wird vor der Mündung des
Trondheimfjordes ein Benzintank des Flugzeuges gefunden.
Trotz großer Suchaktionen kann nichts weiter mehr gefunden
werden.
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Das letzte Bild, was von
Amundsen aufgenommen wurde.
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Foto:
Polar Museum, Tromsø
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Trauer Die
norwegische Nation kann nicht glauben, dass ihr
Polarforscher nicht mehr lebt - ihr Amundsen, der so
oft dem Tode trotzte. So entstehen Gerüchte, Amundsen
sei lebend bei Eskimos gesehen worden. Diese Legenden halten
sich tatsächlich bis in die 1930er Jahre. Am
14. Dezember 1928, auf den Tag genau 17 Jahre nach Amundsens
Südpoltriumph, erstarrt ein Land in Trauer. Um 12 Uhr
mittags wird Amundsen während zweier Gedenkminuten in ganz Norwegen
bedacht. Amundsen
- und mit ihm ebenfalls Oscar Wisting - ist unbestreitbar an
beiden Polen gewesen. Der Amerikaner Frederik Cook kann
seinen Nordpolerfolg 1908 nicht beweisen; im Gegenteil - ihm
können sogar Unwahrheiten nachgewiesen werden. Der
Amerikaner Robert E. Peary kann seine Nordpolwanderung 1909
ebenfalls nicht belegen; seine Argumentation steht auf einem
sehr dünnen Gerüst. Der Amerikaner Richard E. Byrd kann mit seinem Flug 1928 den Pol
nicht erreicht haben, obwohl er
es behauptet. Die amerikanischen Polstürmer - alle Lügner? Sehr
wahrscheinlich
war Roald Amundsen sogar der Mensch, der als erster den
Südpol UND auch den Nordpol kreuzte. Allein die
Tatsache, dass er überhaupt an beiden Polen Pionierarbeit
leistete, macht ihn zum unwiderlegbar größten Helden in
der Geschichte der Polarforschung - einem Helden, wie es
keiner zuvor gewesen ist, und wie es nach ihm je einer sein
kann.
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Das Polarmuseum in Tromsø
am Hafen an der Tollbodbrygga. Es wurde am 18. Juni 1978
eröffnet - auf den Tag 50 Jahre danach, als Amundsen in
die Arktis startete und seitdem als verschollen gilt.
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Foto NORDLANDSEITE
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Die Amundsenbüste in Ny
Ålesund auf
Spitzbergen. Von hier flog der Polarforscher 1926 zum
Nordpol.
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Foto NORDLANDSEITE
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Dieser
Artikel basiert hauptsächlich auf dem Buch „The
White Eagle - Roald Amundsen, Sailor of the Skies“
von
Olav Gynnild. Er ist Kurator im Norwegischen
Luftfahrtmuseum. Das Buch
ist auf norwegisch und englisch erschienen, hat die ISBN-Nr. 82-92096-04-3 und kann im
Buchhandel bestellt werden
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Autor:
Th.
Bujack
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Veröffentlichung und Verbreitung nur mit
Einverständnis des Autors!
Alle
Rechte bei der NORDLANDSEITE
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Quelle: |
The
White Eagle - Roald Amundsen, Sailor of the Skies,
Olav Gynnild, Odds Interbok as, 8049 Bodø, Norway, ©
Norwegian Aviation Museum 2002 |
Die
Bilder sind dem Buch entnommen. |
Vielen
Dank für die freundliche Genehmigung! |
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1909 versucht
Amundsen den sogenannten „Mensch-tragenden Drachen“. Es war Oscar Wisting, der Amundsen
inspirierte, Drachen als Transportmittel zu benutzen.
Foto: Aftenposten
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Ready for take off: Amundsen (re.) 1914
Foto: Aftenposten
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Flugstunden: Amundsen (2. v. li.) in
der Nähe von Lillehammer im März 1914. Das Flugzeug ist
ein Fatman Longhorn.
Foto: The Norwegian Museum of Science
and Technology
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Die Elisabeth in Alaska. Das Bild wurde
im Frühjahr 1923 in Wainwright aufgenommen.
Foto: National Library, photography
department, Oslo
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Das Flugzeug Kristine, im Hintergrund
die Maud.
Foto: Norwegian Polar Institute
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Die Norge in ihrem Hangar in Ny
Ålesund.
Foto: Norwegian Aviation Museum
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Einer der
Schwimmer der Latham 47 wird nach dem Fund untersucht.
Das Flugzeug selbst wurde nie gefunden. 2002 wurde
eine neue Suche bei Sommarøy, Tromsø, gestartet. Die
Grundlage dafür war der Tipp einer 94jährigen Dame,
die damals etwas beobachtet haben will.
Foto: Norwegian
Polar Institute
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