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Der Elefantenfußgletscher im Nordosten Grönlands. Faszinierende Aussichten beim Nordpolflug 2009. |
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100 Jahre Entdeckung des Nordpols |
„Eben mal zum großen Nagel!“ |
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Nein, in dieser Reportage steht kein Satz über den Streit zwischen Cook und Peary.
Auch kein Satz darüber, ob Peary überhaupt… Aber das ist heute am 1.
Mai 2009 ganz sicher, dass 276 Menschen an Bord eines Airbus 330-200 am
Nordpol sein werden! Genau 100 Jahre nach dem Erreichen des Nordpols
durch den Amerikaner Robert Edwin Peary. |
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Manche an Bord begrüßen sich wie alte Freunde, wie eine eingeschworene Gemeinschaft, denn sie waren bereits öfters mit der Deutschen Polarflug
am Nordpol. Eben Nordpol-Verrückte, „eben mal zum großen Nagel“, sagen
sie! Auch AirBerlin-Pilot Wilhelm Heinz war schon drei Mal mit am Pol,
kennt sich also bestens aus. Etwa zwölfeinhalb Stunden wird das
arktische Tagesabenteuer dauern; etwa 10.000 Kilometer werden dabei die
Peary-Pol-Enthusiasten zurücklegen. Der
Airbus ist noch nicht einmal eine halbe Stunde in der Luft, da wird
Helgoland passiert. Wenige Minuten später Passage von Amrum, Föhr und
Sylt. Dort ist gerade die erste Fähre des Tages von Havneby auf der
dänischen Nachbarinsel Rømø nach List unterwegs. Überflug des dänischen Limfjordes,
und eine Stunde nach dem Start grüßt schon die norwegische Südküste. Im
Hochland ist Schnee zu erkennen, Seen sind offensichtlich noch
zugefroren. Die ersten Wolken kommen. Von
den Wolken im Norden Norwegens führt die Route Richtung Spitzbergen.
Ausgerechnet über der Nebelinsel Bjørnøya klart die Wolkendecke wenn
auch nur für einen kurzen Augenblick auf. Die Ostküste wie auch die
schneebedeckte Steilküste zum Miseryfjellet sind deutlich zu erkennen.
Beeindruckend auch der Treibeisgürtel vor der Küste. Pilot, Veranstalter
und Arktisfans sind gleichermaßen begeistert. Doch dann wieder Wolken. Unterdessen
telefoniert Manuel Kliese von der Deutschen Polarflug mit Dr. Marcus
Schumacher vom Alfred-Wegener-Institut in Ny Ålesund auf Spitzbergen.
Über Hörer und Kabinenlautsprecher erzählt Schumacher über die
Forschungen auf der Station nahe des 79. Breitengrades. |
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Sagenhafte Sicht - die Ostküste der Bäreninsel im Sonnenlicht. |
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Der Übergang in die mystische Welt des Nordens. |
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Spitzbergen
- Pilot Heinz taucht ganz langsam in die Wolkendecke ein. Es ist wie
der Eintritt in eine geheimnisvolle, unbekannte Welt. Die Farben
verschwinden, alles ist nur noch schwarz, weiß und grau. Wie zerborstene
abertausende Eierschalen treiben kleine Eisschollen über das
schwarzgraue Meerwasser. Unwirklich und monströsen Würmern gleich
schimmern die dunklen farb- und schattenlosen Bergstrukturen durch den
grauen Schnee. Nur die Menschen in der Kabine sind real; das da draußen
aber ist ein düsteres faszinierendes Märchen. Der Airbus fliegt nicht
mehr, er schwebt wie ein Raumschiff über einen fernen Eisplaneten.
Vielleicht tragen auch die lebhaften und interessanten Referate des ESA-Wissenschaftlers Alexander Soucek zu dieser Vorstellung bei. Der
Kurs führt nach Osten in das Zentrum des Spitzbergen-Archipels. Vorbei
geht der Flug an der langen Gletscherabbruchkante des Negribreen. Auch
ragt der Amadeusberget mitten im Gletscher aus dem Eis. Das Wetter ist
nun besser, der Nordpol wartet. Die
Packeisdecke nördlich von Spitzbergen fasziniert. Diese fragile
Unschuld unseres Planeten. Jeder Augenblick des Anblickes vergrößert die
arktische Sucht. So schön kann die weiße Einöde sein. 86. Breitengrad.
88. Breitengrad. Die Spannung unter den Passagieren wächst. Doch was ist
das plötzlich? Wolken! Pilot Wilhelm Heinz geht in einen sanften
Sinkflug. Hohe Berge braucht er hier über dem zugefrorenen Meer nicht zu
fürchten. Außerdem kennt er „seine“ Strecke. Bis auf etwa 2.000 Meter
sinkt der Airbus. Jetzt herrscht wieder klare Sicht. So niedrig war
bisher noch kein AirBerlin-Flugzeug über dem Nordpol. Aaaahs und Ooohs
an den Fenstern sind zu hören. In das künstliche Klicken der
Digitalkameras mischt sich das sanfte Ploppen der Champagner-Piccolos,
Marke „Nicolas Feuillatte“. Das
Eis am Pol ist wie schon bei den Maiflügen in den zwei Jahren zuvor
erkennbar von Rissen und Rinnen gezeichnet. Die markante und zerklüftete
Oberflächenstruktur scheint auf starke Winde in letzter Zeit
hinzudeuten. Allerdings mag das wegen der größeren Überflughöhe bei den
früheren Flügen nicht so stark aufgefallen sein.
Nach
den kürzesten Weltumrundungen – mehrmals durch alle Längengrade –
beschleunigt der Airbus, gewinnt an Höhe und steuert auf Grönland zu. Ruhepause. Das muss jetzt erstmal gedanklich verarbeitet werden - „Mensch, ich war am Nordpol!“
Die Passagiere schauen wie hypnotisiert aus den Kabinenfenstern auf das
Eis und schlürfen den Champagner. |
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Sieht
aus wie Eiweiß in der Pfanne mit Schalenstücken - das Naturschauspiel
des Treibeises bei Spitzbergen aus den Flugzeugfenstern gesehen. |
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Fast schon etwas Animalisches - schneebedeckte Berghänge mutieren im schattenlosen Tageslicht zu riesigen Kriechtieren . |
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Der Negribreen im Zentrum Spitzbergens. In der Mitte hinter der Abbruchkante ist im Eis der Amadeusberg zu erkennen. |
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Ganz genau der Nordpol am 1. Mai 2009 um 14.04 Uhr. |
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An
Bord sind auch Martin und Dieter Mulert aus Hamburg: „Wir haben extra
ein Navigationsgerät mitgenommen, um den Punkt 90 Grad zu bestimmen. Zu
unserer Überraschung konnten wir fünf Satelliten erfassen, was eine
Messgenauigkeit von etwa zehn Metern zuließ. Ja, wir waren definitiv am
Nordpol!“ Gegen 15.00 Uhr kommt Kap Morris-Jesup, Grönlands
quasi nördlichster Punkt, in Sicht. Interessante Schneebahnen und
Gletscherabflüsse ziehen die Menschen in ihren Bann. Auch hier setzten
die Wirklichkeitssinne aus. Aus den endlosen glatten weißen Flächen
schauen riesige Eisplatten wie Bausteine hervor – die Spielstube der
Götter. In der Ferne steigt das bis über drei Kilometer hohe Inlandeis
an. Plötzlich
schiebt sich das Flugzeug an einen gigantischen weißen Pfannkuchen
vorbei. Ein Gletscher, eher eine Gletscherzunge, mit unglaublichen
Dimensionen, die keiner im Flugzeug zu schätzen vermag. Eben, glatt,
rund und eine schon mathematische Symmetrie – der riesige
Elefantenfußgletscher hier im Nordosten Grönlands. Mit an Bord ist der Journalist und Fernsehmoderator Ulrich Meyer (Akte 09). Er ist begeistert von den Eindrücken: „Das ist eine einmalige Reise, von der man sein ganzes Leben zehren kann.“ Langsam
fällt der Vorhang dieser arktischen Megashow. Eine Wolkendecke beendet
die Vorstellung. Über Island gibt es noch kurze Blicke auf die
Landschaft wie auch über Schottland. Extra
aus Ungarn angereist ist Dr. István Medgyessy. Er feiert über dem
Nordpol seinen 67. Geburtstag: „Meine Familie hat mir diesen Flug zum
Geburtstag geschenkt. Nach dem brasilianischen Regenwald wollte ich
jetzt das andere Extrem sehen.“ Nach einer Nacht im Düsseldorfer
Flughafenhotel reist er wieder in seine Heimatstadt Debrecen zurück. Zwischen
den Reihen hantiert der Arktis erfahrene Lars Bastian mit Mikrofon und
Filmkamera. Der freie Filmproduzent, der in Düsseldorf lebt, dreht einen
Beitrag für einen privaten Fernsehsender. Am Nordpol ist er heute
bereits zum dritten Mal, davon das zweite Mal in der Luft: „Bereits 2003
machte ich eine Wanderung über das Packeis. Für die letzten 100
Kilometer brauchten wir anstrengende zwölf Tage.“ Aber auch die
Antarktis ist dem 46-Jährigem vertraut: „2008 begleitete ich als
Kameramann die Expedition Aloha Antarctica.“ Der
jüngste Teilnehmer kommt aus Herzogenrath. Arno Wunderlich ist neun
Jahre alt und besucht daheim die dritte Klasse: „Ich habe ganz viel
gesehen! Aber einmal reicht mir so eine lange Reise.“ Mit Mutter Silke
spielt er natürlich, während Wolken seine Entdeckerlust unterbrechen,
„Stadt, Land, Fluss“. |
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Grönlands Norden mit dem Kap Morris-Jesup. |
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Bausteine der Götter - Trümmereis im zugefrorenen Meer. |
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Gletscherzunge und Endmoräne - Entdeckerblicke aus 3.000 Metern Flughöhe. |
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Die unendlichen Weiten der Arktis. |
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Ein
gewisse Ahnung von den draußen herrschenden Temperaturen haben Claudia
Balzer und Björn Castner. Denn sie frieren auf ihren Plätzen und
schützen sich mit Decken: „Dabei ist das eine tolle Sicht. Wir haben
eben echtes Arktisfeeling.“, resümieren die beiden Nürnberger. Aus
Kaarst kommt das Ehepaar Brigitte und Reinhard Pehlke. Kaarst liegt
zwar bei Düsseldorf, also nicht weit weg vom Flughafen. Dennoch ist
Reinhard Pehlke ein besonderer Fluggast. Denn er ist der 1.000
Nordpolpassagier, seitdem die Deutsche Polarflug diese Sonderflüge
unternimmt. Veranstalter Manuel Kliese überreicht ihm eine
Drei-Liter-Flasche Killepitsch, die „Stärkung für echte Polarfahrer.“ Ach
ja, ganz wichtig – ein Eisbär wurde auch gesichtet. Der lag bei Kapitän
Wilhelm Heinz vorne im Cockpit und trug eine Fliegerbrille. Um
20.22 Uhr landet nach genau nach zwölf Stunden 18 Minuten Flugdauer und
10.040 Streckenkilometern der rotweiße Airbus wieder auf dem
Düsseldorfer Flughafen. Karsten von dem Hagen, zuständig für Sonderflüge
bei AirBerlin: „Das war ein echter Expeditionsflug im Sinne der
klassischen Polarforschung. Wir folgten den ersten arktischen
Luftreisenden wie Andrée, Nagurski, Amundsen und Byrd*.“ Robert
Edwin Peary brauchte für seine Nordpolreise etwa ein Jahr (1908/1909).
Bei seiner Abreise im Sommer 1908 besuchte ihn der amerikanische
Präsident, Theodor Roosevelt, an Bord des Schiffes „Roosevelt“ und
wünschte ihm viel Erfolg. Nach eigenen Berichten erreichte Peary den
Nordpol am 6. April 1909. 100 Jahre Nordpol – die Deutsche Polarflug hat’s gebührend gefeiert - und freut sich schon auf den 1. Mai 2010 zum nächsten Nordpolflug! |
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Vielflieger
in Sachen Nordpol - die Veranstalter der Deutschen Polarflug, (v. l.)
Manuel Kliese, Sebastian Schmitz und Sven Maertens nach der Ankunft am
Düsseldorfer Flughafen. |
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Na bitte, auch einen Eisbären gab es am Nordpol. Der Stoffeisbär von Kapitän Wilhelm Heinz im Cockpit. |
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Die
Teilnehmer der Robert E. Peary-Expedition am 6. April 1909 am Nordpol -
die vier Inuit Etschingwäh, Sieglu, Utäh und Uquiäh sowie der Schwarze
Matthew Henson. |
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* Der Schwede Salomon Andrée versuchte 1897 den Nordpol von Spitzbergen aus mit einem Gasballon zu erreichen. Der Pole in russischen Diensten, Jan Nagurski, legte 1914 die ersten motorisierten Flugkilometer in der Arktis überhaupt zurück. 1925 versuchte der Norweger Roald Amundsen den Pol mit einem Flugboot zu erreichen. 1926 will der Amerikaner Richard Byrd den Pol mit einem Fokker-Flugzeug erreicht haben. |
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Bildquelle: Die Entdeckung des Nordpols von Robert E. Peary, Verlag von Wilhelm Süsseroth, Berlin, 1910 |
Text und Farbfotos: Th. Bujack |
Veröffentlichung und Verbreitung nur mit Einverständnis des Autors! Alle Rechte bei der NORDLANDSEITE,2009 |
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