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Infos zum Tour-Fahrrad

Mit dem Fahrrad um Lapplands größten See
Tour d'Inari

Erster Tag

"Quäl‘ dich, du Sau!" - Den Jan Ullrich will ich eigentlich nicht machen. So stehe ich einsam und allein abends unter wolkigem Himmel am Flughafen Ivalo im hohen Lappland und montiere mein Fahrrad. Um 20.30 Uhr ist mein Drahtesel endlich bepackt, Helm auf und ab geht die erste Etappe zum fast 50 Kilometer entfernten Kirchdorf Inari. Die Tour d’Inari hat begonnen! Mit dem Fahrrad um den Inari-See ist mein Ziel!

Nach wenigen hundert Metern schon der erste Geschwindigkeitsrekord: 46,1 kmh. "Wahnsinn!", denke ich und versuche das Rad auf der Bergabfahrt ruhig zu halten. Jede kleinste Querbewegung lässt das Rad noch heftiger schaukeln, doch meine Hydraulikbremse am Hinterrad arbeitet tadellos. Nach der Talfahrt der erste Berganstieg, ich muss absteigen. Als ungeübter Radfahrer läuft mir der Schweiß eimerweise.

Nach zwölf Kilometern erreiche ich Ivalo und kann nicht mehr. An der Tankstelle ein halber Liter Wasser auf ex. Kurz nach der Ortsausfahrt schubst mich ein finnisches Auto fast vom Asphalt. Dabei ist die Straße ganz leer! Fluchen, treten, weiter.

Der Spruch "Quäl‘ dich, du Sau" trifft jetzt doch immer mehr zu. Oft muss ich absteigen, um das Rad – mit Gepäck etwa 35 Kilogramm – die Steigungen hochzuschieben. Der helle Nachthimmel ist Wolken verhangen. Schwitzerei bei 15 Grad.

Nach 23 Etappenkilometern kommt starker Gegenwind auf. Es fängt heftig an zu regnen. Flucht auf den nächsten Parkplatz. Perkele! Im Windschatten des Trockenklos stelle ich das Rad ab und betrachte wehleidig die drei Wohnmobile auf dem Parkplatz. "Naja, wenigstens brauche ich keine Scheibenwischer", tröste ich mich. Der Inari ist heute kein waagerechter sondern ein senkrechter See!

Von der Toilette, wo es einigermaßen trocken ist, schicke ich Freund Sauli eine Kurznachricht per Mobiltelefon. Insgeheim hoffe ich, dass er mich jetzt mit dem Auto abholt. Doch Sauli schreibt zurück: "Be strong!" Was ein richtiger Radfahrer ist... Sollte ich dieses Jahr kein Wetterglück haben? Endlich nach einer halben Stunde kann ich weiter fahren. Es stürmt und regnet zwar immer noch, aber nicht mehr so intensiv wie am Anfang.

Zusammenbau des Rades am Ivalo-Flughafen.

Vorbei geht die nasse Fahrt an den aufgepeitschten Inari-See. Es ist nach Mitternacht, als ich endlich das kleine Hüttendorf Uruniemi unmittelbar vor dem Kirchdorf erreiche. Hier ist Sauli Pätilä der Platzmanager von "Pätilän Mökkit" – der kleinen gemütlichen Holzhäuser direkt am Ufer des Inari-Sees.

Die Freude ist groß, der Prolog zu Ende und zur Begrüßung gibt es was zu trinken. Die Sauna ist angeheizt. Es ist schon verrückt, denn es ist taghell, und ich gehe um zwei Uhr morgens im Regen in die Sauna.

Sauli Pätilä und sein Vater vor dem Haus auf Uruniemi.

Zweiter Tag

Es ist bedeckt aber warm. Heute ist Tourpause. Erstmal will ich mich von den Strapazen der ersten Etappe erholen. Gegen Mittag scheint die Sonne. Also bummle ich mit dem Fahrrad durch das Kirchdorf, besuche Freunde und erhole mich abends in der Sauna. Muskelkater habe ich keinen, Gott sei Dank!

Dritter Tag

Es geht weiter nordostwärts. Es ist heiß! Die nordische Sonne brennt gnadenlos vom Himmel. Wenn ich eine Pause machen möchte, umschwirren mich sofort mehrere Bremsen. Dank des kleinen Trapezrahmens kann ich schnell vom Rad springen und flüchten. Die Landschaft ist schön, die Landstraße schwer. Immer wieder geht es bergauf, bergab. Beim Schieben kommen die Bremsen. Perkele!

Der Schweiß läuft den Rücken herunter. Mein heutiges Etappenziel heißt Väylä. Doch als ich dieses Straßenschild – mehr ist da wirklich nicht – erreiche, ist es noch zu früh am Tag. Ich will weiter!

Einige Kilometer später schaue ich mich nach einem geeigneten Zeltplatz um. "Birken sollst du weichen, Kiefern musst du suchen." – sollte der nordskandinavische Fahradfahrer- wildcamperspruch lauten. Weil Birkenwälder eher in Feuchtgebieten zu finden sind und damit eine große Menge von Stechinsekten, halte ich Ausschau nach den knorrigen Kiefern, wo der Boden meist trockener Natur ist. Allerdings finde ich nichts mit einer Möglichkeit auf Frischwasser. Der Inari-See ist trotz Sichtkontakt zu weit entfernt. Bis zum Uferrand müssten große Steine und morastiger Boden bewältigt werden. Ich gebe es zu, zum Zähneputzen ist mir das zu anstrengend!

Dann die Überraschung: Bei Partakko ist ein Campingplatz direkt am Ufer des Sees. Das Zähneputzen ist gerettet. Der Platz ist ziemlich voll mit meist finnischen Leuten, wie ich es anhand der Autokennzeichen erkennen kann. Ein ständiges Kommen und Gehen – besser An und Ablegen kleinerer Angelboote am Strand - herrscht hier. Die Finnen scheinen keine Zeit zu kennen: Nachts um Vier ist ebenso viel los wie abends zuvor um Sieben oder morgens um Elf. Die Himmel ist blau und geht, je später es wird, in einen feinen Nebel über. Es wird trotz der Nachtsonne lausig kalt! Heute zeigt der Tacho 70 gefahrene Kilometer an. Damit bin ich zufrieden und krieche dick verpackt in mein Zelt.

Vierter Tag

Das Tourbuch verzeichnet eine schlaflose Nacht: der Boden hart, die Finnen nicht leise und ab morgens über 30 Grad im Zelt! Perkele!

Ich bin gerädert! Gehört wohl zu einer Fahrradtour hinzu – rede ich mir ein. In Partakko soll es sogar eine kleine Schule geben, die aber mangels Schüler geschlossen ist. Davon kriege ich nichts mit, denn meine Räder drehen sich weiter über die Straße 971. Es ist nicht mein Tag heute. Passage des Ufers des Nitsijärvi, eines großen Nebensees des Inari. Ich mache einen Halt, das Fahrrad fällt um, und ich habe plötzlich Schmerzen im linken Bein. Ansonsten weitere Schlagworte von der heutigen Etappe: Hitze, Bremsen.

Endlich erreiche ich Sevettijärvi. Ein Straßenschild weist auf einen Campingplatz hin. Doch wo ist der? Ich radle und radle, das Wasser wird knapp – kein Campingplatz. Nur eine geschlossene Tankstelle und ein schöner Sandstrand.

Zwölf Kilometer nach Sevettijärvi halte ich an. Wo ist dieser verdammte Campingplatz? Mir steckt die Nacht zuvor zu sehr in den Knochen, ich sehne mich nach einer Dusche. Gegenüber kommt ein Mercedes den Weg entlang. Ich laufe über die Landstraße und frage nach dem Campingplatz. Jo, den gäbe es, er liege kurz hinter Sevettijärvi – von hier aus gesehen. Kiitos! Etwa 25 Kilometer umsonst gefahren. Mir fallen so Sprüche ein wie "Sport ist Mord", "No sport"...

Tatsächlich, ganz versteckt ein Campingplatz! Ein schöner dazu! Irgendwie sagt mir meine innere Stimme, dass ein Kaufmannsladen in der Nähe sei und dass der gleich schließe. Also wieder aufs Fahrrad, aber diesmal ohne Gepäck. Dank Wegbeschreibung finde ich den Kaufmannsladen, der wohl bis Mitternacht auf hat.

Perkele - der nächste Schreck: Meine Scheckkarte und meine Kreditkarte sind vom Schweiß völlig durchnässt. Daran habe ich nun gar nicht gedacht. Wieder schwitze ich – diesmal an der Kasse, ob es denn meine Karten noch tun. Uff, der Automat kann sie lesen!

Bei der Rückfahrt zum Campingplatz kommt mir angesichts der Schmerzen in Armen, Beinen und Hintern so eine Art Weigerung auf, weiter mit dem Rad zu fahren. Blöde Idee – mit dem Rad durch Lappland. Nö, ich habe keine Lust mehr und lege mich nach Abendessen und Wäschewaschen ins Zelt.

Endlich Feierabend in Sevettijärvi! Ich kann nicht mehr.

Fünfter Tag

Eine gute Nacht. Die restlichen Schmerzen und meine Abneigung gegen das Fahrradfahren dusche ich heiß und kalt weg. Das Rad wird bepackt, mit Energie und Ehrgeiz trete ich in die Pedale! Die Sonne knallt mir auf den Rücken. Ein Handtuch unter dem Helm schützt den mittlerweile krebsroten Nacken.

Heute ist Rentierjagen angesagt. Da die Tiere schwerhörig zu sein scheinen und auf meine Klingelei nicht reagieren, muhe ich wie eine Hochgebirgskuh in der Gegend herum. Das zumindest erschreckt - oder besser verschreckt - die Viecher. Kollisionen kann ich so verhindern. Eines treibe ich sogar einige Kilometer vor mir her. Heute bin ich selbst ein Tier, heute mache ich den Jan Ullrich!

Bis zur norwegischen Grenze sind es etwa 35 Kilometer. Und plötzlich zwischen zwei Rentieren kommt mir ein Fahrradfahrer entgegen. Der erste seit meiner Ankunft in Lappland. "Where are You from?" – "Germany!" schallt es über die nordeuropäische Landstraße. Ein Karlsruher! Seit 60 Tage sei er unterwegs. Er sei über Norwegen gekommen und führe jetzt südwärts durch Finnland. Seine Tagesleistung läge zwischen 150 bis 200 Kilometer. Ich wechsle schnell das Thema, wir wünschen uns noch eine gute Weiterfahrt, und schon ist er weg.

Nätämö steigt in der heißen finnischen Landschaft auf wie eine Oase in der Wüste. Hier gibt es quasi alles auf kleinstem Raum. Der Superkraftstoff kostet 1,39 € (98E). Allerdings habe ich keinen Tank. Die Temperaturanzeige steht auf 27 Grad. Mehrere Dutzend Rentiere verharren unbeweglich in der Schattenseite eines Hauses. Ich lege eine Pause ein, erfrische mich und summe das alte Michael Holm-Lied ‚Mendocino‘.

Die Rentiere im Hausschatten - 27 Grad in Nätämö.

Nach wenigen Kilometern kommt die Grenze. Finnland ist ja EU-Land, hat den Euro, wenn auch keine 1- und 2-Cent-Stücke. Norwegen gehört nicht zur EU, und dort gilt die Krone und die Øre. Und was ist an dieser fast nördlichsten EU-Grenze? Nichts! Noch nicht einmal ein Passbeamter! Nur 17 lange Rohre über der Straße, damit norwegische Rentiere und anderes Getier nicht nach Finnland können und umgekehrt.

Wie soll ich da heil mein Fahrrad rüberkriegen? Allein wage ich mich nach Norwegen, während mein Rad in Finnland bleibt. Auf meiner Uhr ist es jetzt 15.33 Uhr norwegischer Zeit, während mein Fahrrad bei 16.33 Uhr finnischer Zeit steht - nordische Zeitverschiebung!

Keine andere Möglichkeit. An, über oder unter dem Zaun links und rechts der Straße kann ich auch nicht passieren. Also ein bisschen Zirkusakrobatik - ich schiebe vorsichtig das schwere Rad über die dicken Stangen und versuche mit den Füßen das Gleichgewicht zu halten. Geschafft! Mein Fahrrad und ich sind gemeinsam in Norwegen.

Eine Stunde Belichtungszeit an der norwegisch-finnischen Grenze! 

Ich fotografiere von der norwegischen Seite aus, bei meinem Fahrrad in Finnland ist es eine Stunde später.

 

Es folgt die Abfahrt nach Neiden. Dabei rolle ich durch den Ort Björkneset. Dort hält eine norwegische Zollbeamtin in Uniform ein Auto an und kontrolliert Papiere und Pkw. Also wird doch aufgepasst!

Die Stromschnellen vor Neiden passiere ich; an der Kreuzung muss ich rechts auf die E6 abbiegen. Die Abfahrt wird mit neuem Geschwindigkeitsrekord vermerkt: 46,5 kmh! Zwar gibt es kurz hinter der Kreuzung einen Campingplatz, der aber meiner Meinung nach diesen Namen kaum verdient. Also weiterfahren, auch wenn es schon spät ist.

Mein Höhenmesser zeigt 35 Meter an, wieder muss ich am Berg das Rad hoch schieben. Diesmal schiebe ich lange – bis ich eine Höhe von 130 Meter erreicht habe. Langsam bricht wieder meine Abneigung gegen das Fahrradfahren durch. Nach der langen Bergschieberei kommt die schnelle Talfahrt: Nach fünf Minuten bin ich wieder auf 35 Höhenmetern. Aber dafür gibt es einen weiteren Geschwindigkeitsrekord: 47,6 kmh. Trotzdem ein komisches Gefühl, wenn dabei einem noch die Autos überholen.

Vor mir erstreckt sich linke Hand der Munkefjord. Ich rieche das Nordmeer! Erfrischung an einem Bachlauf - Kirkenes, ich komme! Nur herrscht jetzt Gegenwind. Der Neidenfjord schließt sich an, ich folge der E6 ostwärts zum Korsfjord. Schieberei von 40 Meter auf 100 Meter, Schussfahrt auf 50 Meter, wieder Schieberei auf 105 Meter.

Die Natur in Nordnorwegen wird hier von einem donnernden Geräusch dominiert. In der Nähe ist der Militärflughafen von Kirkenes, ein Flugzeug will starten. Ich fahre - besser schiebe - durch militärisches Sperrgebiet und mache eine kurze Pause. Eine neue Talfahrt zum Langfjorden folgt. Unten erblicke ich die Brücke, wo ich mal vor einigen Jahren war – zum Kirkenes-Campingplatz in Hesseng ist es nur noch etwa ein Kilometer! Hurra!

Auf der linken Seite geht ein junger Rucksackwanderer. Ich rufe ein freundliches "Hej hej" über die Straße - nur ein verständnisloser Blick als Echo. Auf dem kurzen Anstieg – von fünf Meter auf 55 Meter - hängt er mich ab, aber nach der letzten Talfahrt erreiche ich als erster den Campingplatz, verliere beim Parken aber noch an Boden. Dennoch reicht es knapp für den ersten Platz, ich bekomme die letzte günstige Hütte für 300 Kronen. Mein wortkarger Weggefährte muss schon 380 Kronen bezahlen.

Ich krieg‘ Cabin Nr. 15. Zwar muss ich mein Rad einen kleinen Berg hochschieben, aber dafür habe ich eine wildromantische braune Holzhütte mit weißen Fenstern und Blick über die Birken. In der Hütte sind es 37 Grad, und ich kann mit meinem Radio die Deutsche Welle nicht mehr empfangen. Dafür folgt ein gemütliches Abendessen vor der Hütte. Gegen Mitternacht liege ich zufrieden im Bett.

Sonnenbrand im Nacken und 37 Grad in der Hütte!

Sechster Tag

Tourpause! Frühstück bei bestem Sommersonnenwetter. Unten auf dem Stellplatz lerne ich einen Deutschen kennen, der mit seinen beiden sechs- und achtjährigen Enkeln Urlaub in Skandinavien macht. Zu dritt übernachten sie in einem alten Golf II. Was für ein Urlaub!

Kirkenes - das Flair einer Großstadt empfängt mich. Die Stadt ist voll von Menschen. Es ist nicht nur südländisch heiß, es sind auch viele Schwarze in der Stadt. Wie ich erfahre, sind es Asylsuchende, die von Oslo aus über das ganze Land verteilt werden. Kirkenes – eine Multikulti-Stadt. Selbst die Straßenschilder sind dreisprachig: norwegisch, samisch und russisch. Unten im Hafen liegen russische Schiffe. Die Mannschaften sonnen sich in Badehosen auf den verrosteten Decks.

In der Stadt bremse abrupt ich mit meinem Fahrrad vor einem großen Motorrad. Denn mit solchen Gefährten sind jetzt im Sommer viele Menschen unterwegs; ganz oft klebt ein frischer Nordkap-Aufkleber auf den Gepäckboxen. Wer schon so weit im Norden ist, der will natürlich auch einen Hauch Russland zu spüren bekommen. Die angebotenen Tourmöglichkeiten in der Touristeninformation sind sehr vielfältig

Die Bibliothek im Zentrum ist gut gefüllt. Hier stehen vier Internetcomputer zur kostenlosen Benutzung. Der Andrang ist groß, viele Schwarze können so Kontakt per Email zu ihrer Heimat halten, oder chatten mit Freunden auf dem schwarzen Kontinent. Darum gibt es auch eine zeitliche Reglementierung, nach 30 Minuten ist Schluss. Viele stellen sich sofort wieder hinten an.

Auf dem Rückweg erwartet mich ein neuer Geschwindigkeitsrekord: 49,9 kmh – von 70 auf 45 Höhenmetern in etwa einer Minute!

Auf dem Campingplatz lerne ich einen jungen Züricher namens Simon kennen, der ebenfalls mit dem Rad unterwegs ist. Bis hier hat er 5995 Kilometer zurückgelegt. Auch er hat unterwegs den Karlsruher getroffen – Skandinavien, ein Dorf!

Simon aus der Schweiz - Speichenwechsel bei 5995 Kilometern

Siebter Tag

Hitze pur. Nach dem Aufstehen einige Koordinationsschwierigkeiten mit den Beinen. Die gestrige Etappe geht an meine Substanz. Die Fußsohlen sind mit Blut voll gelaufen, selbst die Strümpfe sind unten dunkelrot gefärbt.

Heute will ich den Pasvikfluss entlang, um zumindest den südlichsten Punkt der norwegisch-russischen Grenze zu erreichen, was für meine Fast-Umrundung des Inari-Sees notwendig wäre. Meine Karte weist einige Ortschaften in diesem Gebiet auf, Verpflegung scheint also gesichert.

Start in Richtung Pasvikdalen. Die Landstraße 885 beginnt mit einem ewigen Auf und Ab. Links der Straße erstrecken sich die stillgelegten Erzgruben, rechts zieht sich der Langfjorden. Die Straßenschilder weisen auf die norwegisch-russische Grenze hin. Ich kann den Pasvikfluss sehen - jenen mächtigen Grenzfluss, der früher Nato und Ostblock trennte.

Etwas weiter südlich sehe ich in der Ferne die gelb qualmenden Schlote der russischen Grubenstadt Nikel, ein ökologischer Albtraum. Bei Svanvik mache ich Halt am Umweltzentrum Svanhovd und erfahre Näheres über das russische Nikel-Kombinat. 200.000 Tonnen giftigen Schwefeldioxyd werden pro Jahr über die Schornsteine freigesetzt. Die Natur im Umkreis von Nikel ist praktisch tot. Norwegen und Finnland haben viele Millionen Euro zur Sanierung investiert, doch die Russen haben bis jetzt kein greifendes Konzept. Zum Glück für die Norweger herrscht meist Westwind, so dass sich die Folgen dieser ökologischen Katastrophe nur auf russischem Boden niederschlagen.

Die Sonne scheint, die Farben knallen. Nach etwa weiteren zehn Kilometern erreiche ich einen Parkplatz direkt an einem See gelegen. Die restlichen 50 Kilometer bis nach Nyrud sind mir für heute zuviel. Hier will ich übernachten. Etwas abseits baue ich mein Zelt auf, mache mir an dem Tisch auf dem Parkplatz etwas zu essen. Eine schöne und ruhige Natur umgibt mich, bis...

... bis ein großer alter Mercedes vorgefahren kommt und fünf pubertierende Jugendliche herausspringen. Sie wollen eine Art Party am Ufer des Sees feiern und sprechen kein Wort Englisch. Mit netter Mine mache ich ihnen klar, dass ich hier in der Nähe im Zelt übernachten möchte. Dann ziehe ich mich ins Zelt zurück. Das jugendliche Gejohle dauert Stunde um Stunde, wie eben so Jugendliche sind. Um ein Uhr kommt die Mutprobe – wer kommt am nächsten ans Zelt heran? Ich brumme wie ein Bär, und fünf Gestalten flüchten von meinem Zelt in das etwa hundert Meter entfernte Hüttenklo. Eine Viertelstunde später kommt die Mama im Mercedes, und ich habe endlich Ruhe.

 

Achter Tag

Aber nicht lange. Es windet plötzlich. Der blaue Mitternachtshimmel wechselt ins pampig graue. Bis zum Morgen kann ich dösen, dann weckt mich um 6.30 Uhr der Lärm des Toilettenreinigungsdienstes. Erholsam war die Nacht nicht. 

Kühl ist es. Ich packe meine Sachen und frühstücke am Steintisch. Dann setzt der Regen ein. Gut nass fahre ich los. Jetzt ärgere ich mich, dass ich gestern doch nicht weitergefahren bin. Die Regenwolken hängen so tief, dass ich mir einen Blick von der ‚Höhe 96‘ – von dem Turm soll man eine sagenhafte Sicht haben – erspare. Vielleicht was für die Rückfahrt?

Im windigen und kalten Regen quäle ich mich über die Landstraße. Hier wird offensichtlich die Asphaltdecke nicht so gepflegt wie noch auf der E6. Große Querrillen kreuzen die Fahrbahn. Das Überfahren der Spalten schmerzt in Hand- und Armgelenken. Was heißt eigentlich ‚Teufel‘ auf norwegisch? Zum Glück fasst meine Hydraulik-Felgenbremse trotz der zweieinhalb Zentner Gesamtgewicht perfekt bei dem nassen Wetter.

Pause in Skogfoss. Hier ist ein kleiner ‚Joker‘-Supermarkt, der einzige zwischen Kirkenes und der Dreiländergrenze! Gegenüber ist eine norwegische Kaserne. Junge Soldaten marschieren in den Supermarkt und kaufen ein. Ich frage einen Soldaten, ob ich mit auf eine Fahrt über den Pasvik könne. Er lacht und sagt, noch nie hätte ein norwegischer Soldat die andere, die russische Ufergrenze betreten.

Es beginnt fürchterlich an zu schütten. Im Supermarkt gibt es zwei Paar Gummistiefel für je 499 Kronen zu kaufen, eines in Größe 41 und eines in 43. Ich habe 42. Die Verkäuferin ist nett, berät mich. Und SIE kommt zu dem Entschluss, die Stiefel besser nicht zu kaufen, eben weil sie nicht passten! Statt dessen schenkt sie mir mehrere Plastiktüten, darin solle ich meine Füße schützen und in die Wanderschuhe stecken. Eine gute Idee, die zudem bestens funktioniert!

Das einmalige Essen im bekannten Gasthaus Pasvik Taiga schenke ich mir. Ich habe kaum noch Geld, da es hier keine Geldautomaten mehr gibt.

Bei der weiteren Regenfahrt kann ich auf der anderen Flussseite die russischen Grenzposten in ihren kleinen Türmen sehen. Der Pasvikfluss – ein gewaltiger Fluss! Eine große schwarze Regenwolke hüllt den 357 Meter hohen Kalkupää auf der russischen Seite in ihrem nassen Nebel ein. Zum Glück ist sie noch weit entfernt – noch!

Unvermutet taucht etwas versteckt ein Straßenschild auf: ‚Fangeleir 2‘. Hier soll der Fußweg zu einem russischen Kriegsgefangenenlager aus dem Zweiten Weltkrieg beginnen. Pro Strecke etwa zwei, drei Kilometer. Der Regen ist jetzt nicht so stark, ich will eine Wanderung wagen. Also schiebe ich mein vollbepacktes Fahrrad den Graben hinunter, und da passiert es. Das Fahrrad ist zu schwer, ich stürze, mein rechter Fuß knickt um. Die Schmerzen treiben mir Tränen in die Augen. Alles hätte passieren dürfen, nur nicht das nicht. Peeeeerkele! Dabei hatte ich in der Tourvorbereitung extra als Gelenktraining Unterwasserhüpfen auf Zehenspitzen gemacht, damit die Fußmuskulatur stabiler wird. In dem kalten nassen Gras versuche ich den Fuß zu kühlen.

Nach etwa einer halben Stunde kann ich den Fuß, wenn auch nur unter Schmerzen, wieder minimal belasten. Um festzustellen wie weit ich mit dem Fuß im wahrsten Sinne komme, wage ich mich einige hundert Meter auf dem Waldpfad in Richtung Kriegsgefangenenlager. Durch den Regen ist die Luft ganz feucht, unzählige Mücken umschwirren mich. Gegen sie schütze ich mich mit einem Gesichtsnetz. Aber das hat auch einen Nachteil, ich schwitze unter dem Netz. Also schwitze ich, habe bei jedem Fehltritt große Schmerzen und bewundere einen grandiosen nordischen Urwald! Den hätte ich gerne weiter durchwandert, aber das Risiko ist zu groß. Ich verweile einige Zeit in der großartigen Natur und hinke zurück.

Kaum erreiche ich wieder die Schildtafel an der Straße, bricht eine wahre Sintflut über mich herein. Irgendwie nass heute. Ganz dicht presse ich mich an die Tafelwand. Nach dem Starkregenguss versuche ich, Rad und Gepäck einzeln wieder auf die Straße zu bekommen, was mir nach längerer Zeit auch gelingt. Vorsichtig fädele ich den lädierten Fuß in den Korb der Pedale und radle los.

Rush hour in Lappland. 

In langsamer Fahrt und strömenden Regen erreiche ich den Ort Vaggetem. Hier soll es einen Campingplatz geben, den ich diesmal auf Anhieb finde. Doch alle Hütten sind voll, und mit meinem lädierten Fuß habe ich nicht so die Lust auf eine nasse Zeltnacht. Edith Randa, Seesamin und die Chefin des Campingplatzes, ist eine liebe Frau und gibt mir den Schlüssel zu einer "unkomfortablen" Hütte ohne Strom und Wasser am Ende des Dorfes gelegen. Ich finde die Hütte toll und lasse mich häuslich nieder!

Wegen des Fußes erwäge ich eine Rückfahrt mit dem Bus. Heute ist Donnerstag, der nächste Bus führe am Samstag, dann erst wieder am Dienstag. Da ich eine Wanderung in den Øvre Pasvik Nationalpark besser nicht mache, bleibt für mich nur der Bus am Samstag übrig. Auch hätte ich kein Geld mehr für Essen oder Campingplatzübernachtungen. Auch muss ich mir eingestehen, dass ich neben dem Unglück die Sache nur unzureichend geplant habe. Sonst wäre mir die Unachtsamkeit mit dem Bargeld erspart geblieben. Und hier gibt es wirklich weit und breit keine Möglichkeit zum Geldabheben! (Außer in dem Joker-Supermarkt in Skogfoss. Allerdings wird nur eine Kreditkarte - in meinem Fall Mastercard - akzepiert, die zum Bargeldabheben freigeschaltet ist. Das war bei mir nicht der Fall.)

Also will ich es zumindest versuchen, bis zum südlichsten Punkt der norwegisch-russischen Grenze in etwa 34 Kilometer Entfernung zu fahren! Dafür hätte ich einen Tag Zeit! Der Bus würde Vaggetem am Samstagmorgen gegen sieben Uhr verlassen. Hoffentlich mit mir an Bord!

Edith Victoria Randa mit ihrem Mann am Ufer des Pasvikflusses.

Neunter Tag

Früh bin ich wach, im Morgennebel schwinge ich mich aufs Rad. Das Wetter ist heute wieder warm und sonnig. Kaum bin ich wenige hundert Meter gefahren, nehme ich aus dem rechten Augenwinkel eine Bewegung war. Ich drehe den Kopf – und tatsächlich, im Graben hockt ein Luchs! Mit seinen gelben Augen schaut er mich an, spitzt die Ohren, dreht sich in einer eleganten Bewegung und rennt gemächlich davon. Hätte er sich nicht bewegt, hätte ich ihn wegen seines Fells, was die gleiche Farbe wie die Umgebung hat, nicht erkennen können! Ein seltenes Naturerlebnis hier in Nordskandinavien!

Kaum sitze ich wieder auf meinem Rad, kreuzen sechs Kraniche – am Himmel meinen Weg. Im V-Flug mit scheinbar staksigen Bewegungen fliegen die großen hellgrau und schwarzen Vögel in Richtung Russland. Jetzt bin ich gespannt, ob ich gar einen Bären zu sehen bekomme.

Etwa 14 Kilometer fahre ich Menschenseelen allein über die Landstraße, dann markiert ein Ortsschild den Ort Nyrud. Selbst in meiner Landkarte von freytag & berndt mit einem Maßstab von 1:2.000.000 ist dieser Ort eingezeichnet. Aber hier ist wieder mal nichts – fast nichts! Die Aphaltdecke hat sich in einem löchrigen, lehmigen Weg verwandelt, von dem ein größerer Weg abzweigt. Rechts und links sind vereinzelt kleine Wege zu erkennen, die im Gehölz verschwinden. Sie führen zu Gehöften, so vermute ich.

Nach gut hundert Metern hört auch der Erdweg auf, ich stehe vor dem ‚fast‘ - einem verschlossenen Holzgatter. Dahinter ist ein gepflegter Garten und mehrere schwarze Holzhäuser mit weißen Dächern. Es ist die Station des Grenzkommissariat der norwegisch-russischen Grenze. Auf einem Schild ist zu lesen, wenn man Probleme oder etwas zu melden habe, solle man eine bestimmte Mobiltelefonnummer oder die Polizeistation in Kirkenes anrufen, falls keiner da sei... Sonst ist hier kein Mensch ist zu sehen.

Zurück fahre ich den Weg und nehme die andere Abzweigung. Einige hundert Meter weiter kommt wieder eine Abzweigung, die zu einigen Betonhäusern führt - eine Militärkaserne, wo aber auch kein Lebenszeichen zu entdecken ist. Der Krieg ist aus, wir gehen nach Haus... Schön wär’s!

Die Buckelpiste führt Kilometer um Kilometer durch den nordischen Urwald. Der Erdboden links und rechts des Weges ist mit braunen Flechten und Krüppelbirken überwuchert. Krumme Kiefern strecken sich in den blauen Himmel. Dazwischen liegen viele umgestürzte Bäume. Alle paar Meter sind die Bäume verkohlt, Folgen von Blitzeinschlägen, vermute ich.

Hin und wieder sind große Steinansammlungen zu sehen. Ich muss eine kleine Brücke überqueren, die den Namen nicht verdient. Plötzlich ohne Vorwarnung stehe ich einem Holzgatter gegenüber, das den Weg versperrt. Kein Schild, keine Tafel ist zu sehen. Links und rechts des Weges ist ein Zaun. Nanu? Einen Alternativweg kann ich nicht entdecken, wenn man von der Abzweigung an der Kaserne absieht. Zurück fahren? Nein, dafür bin ich schon zu weit gefahren. Also drücke ich drei der fünf lockeren Holzstangen beiseite und schiebe mein Fahrrad durch.

Kein Mensch ist zu sehen, wie ich schon heute den ganzen Tag keinen gesehen habe. Hoffentlich ist das kein Bärengehege! Nachdem ich die Stangen wieder zurück geschoben habe, fahre ich weiter. Etwas weiter komme ich an einen aufgeschütteten Damm. Oben stelle ich mein Fahrrad ab und gehe einen kleinen Pfad zum Ufer entlang.

Aufbruch ins Ungewisse. Was erwartet mich hinter der Absperrung?

Vor mir eröffnet sich eine große Wasserfläche. Ich stehe am Ufer des wilden ungezähmten Pasvikflusses. So hat er weit ausladende Buchten, wie ich mich jetzt an einer befinde. Nur wenige Dutzend Kilometer in südwestlicher Richtung beginnt sein Weg heraus aus dem Inari-See. Wie eine mächtige Schlange windet er sich auf seinem fast 150 Kilometer langem Weg zum Eismeer und teilt dabei West- und Osteuropa!

Das Wasser ist kristallklar. Eine Pause mache ich hier und genieße diesen schönen Blick! Dann gehe ich zurück zu meinem Rad und fahre neben dem Damm her. Unvermittelt stehe ich wieder vor einem Gatter, schnell bin ich durch. Ich vermute, dass die beiden Gatter ein Naturschutzgebiet markieren.

Weiter geht meine Schlidderfahrt auf dem Lehmboden. Eine neue Abzweigung! Nach wenigen hundert Meter ist dieser Weg zu Ende, ich muss zurück auf den alten Weg! Hoffentlich hält mein Rad! Zwar habe ich Flickzeug und Luftpumpe mit dabei, aber größere Schäden könnte ich mangels Werkzeug nicht beheben. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt gerade mal elf Stundenkilometer.

Nanu, Motorengeräusche! Zum ersten Mal überholt mich heute ein Auto, wenige Minuten später ein zweites. Norweger, sehe ich am Kennzeichen. Müssen die gute Stoßdämpfer haben! Etwas beruhigt bin ich schon. Also bin ich nicht der letzte Mensch auf dieser Welt.

Meine grobe Landkarte zeigt an, dass noch ein Fluss zu überqueren ist. Doch der ist kaum wahrnehmbar. Irgendwie sind die Maßstäbe hier in der nördlichen Wildnis anders. An diesem etwa drei Meter breiten Rinnsal schöpfe ich frisches Wasser und der Endspurt beginnt! Kurze Zeit später eine neue Abzweigung. Rechts geht es ab zur Treriksrøysa, der Dreiländergrenze in fünf Kilometer Entfernung. Dort soll ein großer Steinhaufen, eine Warde, den Punkt markieren, wo sich die drei Reichsgrenzen von Norwegen, Finnland und Russland treffen. Eine Runde um diesen Steinhaufen zu drehen, ist strikt verboten! Es sei eine Grenzverletzung, so hatte mich Edith Randa noch in Vaggetem gewarnt.

Zuerst will ich aber zum südlichsten Punkt der norwegisch-finnischen Grenze zu Grenseneset. Der Lehmweg ist ganz weich, mehrmals drifte ich mit dem Fahrrad weg, zum Glück ohne Sturz. Endlich erreiche ich nach genau 454,81 Kilometern mein erstes Tourziel!

Am Ufer mache ich eine Pause und überlege kurz, ob ich kurz zur Insel Grensenesholmen hinüber schwimmen soll, quasi zur Erfrischung. Doch mein rechter Fuß warnt mich. Prompt knicke ich leicht um und habe wieder starke Schmerzen. Dass ich deswegen keine Zehn-Kilometer-Wanderung vom Parkplatz zur Dreiländergrenze machen kann, ist mir schon vorher klar.

Also schone ich meinen Fuß noch einige Zeit, ehe ich zum Parkplatz aufbreche. Das Fahren auf dem Schwemmsand ist heimtückisch und erfordert meine volle Konzentration. Ich bin froh, als ich wieder den festeren Lehmweg erreiche.

Langsam gibt es neben dem Fuß auch ein zeitliches Problem. Für die knapp 35 Kilometer ab Vaggetem habe ich etwa sechs Stunden gebraucht. Viel zu lange! Für die Wanderung – die zehn Kilometer zur Dreiländergrenze – bräuchte ich im schwierigem Gelände pro Kilometer etwa 30 Minuten. Also noch mal fünf Stunden drauf. Jetzt war es drei Uhr nachmittags. Also mit fünf Stunden Wanderung plus sechs Stunden Rückfahrt (im günstigsten Fall vier Stunden) wäre ich um ein Uhr morgens wieder zurück – vorausgesetzt alles klappt reibungslos. Müsste aber dann wieder um sechs Uhr aufstehen, die Hütte reinigen, alles packen und um Sieben den Bus nehmen. Und länger bleiben? Ohne Geld und ohne Nahrungsmittel wäre es ein bisschen knapp.

Das sind meine Gedanken, als ich mich auf den Wanderweg zur Dreiländergrenze begebe. Das Gelände ist sumpfig. Gut, dass ich mein Mückenschutznetz dabei habe. Besonders sumpfige Stellen sind mit zusammengebundenen Holzstämmen abgedeckt. Die sind aber glatt und rutschig und für mich nur schwer zu begehen. Mit dem verletzten Fuß ist jeder Schritt nicht ohne Risiko.

Ein Außerirdischer naht - ich geb' es ja zu - irgend wie sehe ich lächerlich aus!

Der Holzstammweg weist mehrere kaputte Stellen auf, teilweise muss ich durch den morastigen Boden. In der Nähe sind die Grenztürme. Ich winke, ich fühle mich beobachtet. Ein Blick auf die Uhr, ich breche endgültig ab. Auch schmerzt der Fuß wieder heftig nach einigen Fehltritten.

Ohne weitere Schwierigkeiten komme ich wieder zum Parkplatz, wo auch die beiden norwegischen Autos stehen. Bestimmt sind die Leute noch unterwegs in Richtung Treriksrøysa.

Nach einer kleinen Essenspause starte ich meine Rückfahrt. Diesmal ist es recht monoton, die Steigungen und Abfahrten sind mir jetzt nicht mehr unbekannt. Endlich erreiche ich das erste Gatter. Aber diesmal bleibe ich auf dem Hauptweg. Der ist aber nervig mit seinen ewigen Steigungen und Abfahrten. Auch ist viel Geröll auf dem Weg, das mir zumindest ein Fahren praktisch unmöglich macht.

Lapplands Wege - Eine Herausforderung für Rad und untrainierte Fahrer.

Nach einiger Zeit höre ich plötzlich Schüsse! Erschreckt halte ich inne. Sind die Russen über die Grenze gedrungen? Ist jetzt Krieg? Ein paar Meter weiter sehe ich Soldaten, die am Boden liegen. Kein Krieg, nur eine Übung. Mit dabei Deutsche Schäferhunde, die schussfest gemacht werden sollen, erklärt mir einer der Ballerer. Nach Nyrud? Yes, only some hundred metres. Takk! Ha det!

Geschafft, ich bin wieder auf der Straße. Gegen 19.30 Uhr erreiche ich Vaggetem. Edith Randa zeigt mir die Dusche, und ich bin froh, nicht doch noch die zehn Kilometer marschiert zu sein. In der Hütte gönne ich mir eine Tüte Elchgulasch mit Nudeln. Das habe ich mir verdient!

Zehnter Tag

Edith Randa kommt extra um sieben Uhr zur Straße, um sich von mir zu verabschieden. Für die Reise gibt es ein leckeres Stück Kuchen. Dann kommt der Bus, und mit ihm erlebe ich die Begriffe Zeitdehnung und Zeitraffung neu. Wofür ich zwei Tage mit dem Rad gebraucht habe, schafft der Bus in zwei Stunden. Noch den Kuchengeschmack im Mund erreiche ich Kirkenes.

Eine Stunde später fährt ein Linienbus weiter nach Inari. Vorbei geht die schnelle Fahrt an den Fjorden entlang und an den Stromschnellen bei Neiden; die Grenzpfosten im Boden werden ohne Wimpernzucken genommen; wieder verharren Rentieren im Hausschatten bei Nätämö; am Sandstrand in Sevettijärvi startet ein Wasserflugzeug; der Campingplatz in Partakko ist wieder voll mit Anglern und hinter dem Straßenschild Väylä ist immer noch nichts zu sehen.

Nach fünf Stunden Nettofahrzeit und 320 Buskilometern stehe ich gegen 14 Uhr finnischer Zeit wieder in Inari und gönne mir einen dicken Hamburger mit Pommes! Wer rollt plötzlich an mir vorbei? Simon, der junge Schweizer Radfahrer, den ich in Kirkenes traf. Er ist völlig verblüfft, mich hier zu sehen. Grinsend will ich was von einer Abkürzung erzählen, zeige aber dann auf den Bus. Gute Weiterfahrt! Bei mir ist jetzt wieder eine Tourpause angesagt.

Elfter Tag

Im Zeichen der Erholung! Am Ufer will das Schiff M/S Inari von Freund Tapani Lappalainen ablegen, ich springe noch schnell an Bord. Während sich die Touristen mit Essen und Trinken versorgen und den herrlichen Blick über den See genießen, kann ich einen spannenden finnischen Schwarzweißfilm am Bordfernseher verfolgen. Tapani hat auch eine Genehmigung, um an Bord Alkohol ausschenken zu dürfen. Darum heißt seine Spezialität ‚Ukonkivi‘ – ein Wodka mit Sprite, auf die Mischung kommt es an, sagt Tapani!

Seit Mai 2003 fahren seine Frau Pirjo und er mit diesem Schiff Touristen über den Inari-See. Die M/S Inari ist von 1982, hat 180 PS und kann bis zu 99 Personen die acht Kilometer zur Insel Ukko mitnehmen. Die dritte Kraft an Bord ist Veikko Nikula – der Mann für alles an Bord des Schiffes, wenn Tapani und Pierjo nicht mitfahren können.

Prost auf dem Inari-See - Tapani Lappalainen mit Frau Pirjo und dem 'Ukonkivi'.

Zurück im Kirchdorf kommt mir ein schiebender Fahrradfahrer entgegen: Er sieht aus wie der Werksfahrer eines japanischen Radherstellers, hat aber keine Luft in seinem Vorderreifen. Harald, angehender Mediziner, kommt aus Österreich und hat keine Druckluftkartuschen mehr. Ich zeige ihm die Tankstelle am nördlichen Ortsausgang, wo es Reifendruckluft gibt. So kann Harald nach seinen 7.000 Tourkilometern endlich wieder durchatmen.

Gestartet ist Harald in Süditalien. Jetzt ist ihm in kurzer Zeit drei Mal ein Reifen kaputtgegangen, ohne dass er sich mit neuen Reservekartuschen hat eindecken können. Ursprünglich wollte Harald mit dem Rad wieder nach Oberösterreich gefahren sein, nur hat er jetzt überraschend eine Arztstelle bekommen und muss schnell wieder zurück. So will Harald den nächsten Flieger ab Ivalo nehmen.

Dagegen nehme ich Reindeer mit Püree und Preiselbeeren im Siida-Museum, dazu Salat und Saft bis zum Abwinken.

Zwölfter Tag

Gemächlich gehe ich den letzten Rest meiner Tour d’Inari an. Es fehlt mir nur noch der Südostteil des Inari. Bis Ivalo nehme ich den Bus und rolle dann per Rad ostwärts über die Landstraße 91 zum Paatsjoki, wie der Pasvikfluss in Finnland heißt. Dass ich hier auf einer historischen Straße bin, merke ich nach wenigen Kilomtern, denn dieser kleine östliche Vorort von Ivalo heißt ‚Pikku Petsamo‘.

Diese Straße bedeutete einmal für die Finnen der einzige Zugang zum Eismeer bei Petsamo an der Nordmeerküste. Im Zweiten Weltkrieg verloren sie dieses Gebiet an Russland, und darum endet die alte Eismeerstraße heute bei Nellim. Sackgassen braucht man wohl nicht zu asphaltieren – und so quäle ich mich wieder über eine hart gefahrene Sandpiste voll mit Steinen und heimtückischen Spurrillen.

Dabei fängt es an zu regen. Unter einer Birke kann ich zumindest theoretischen Schutz finden. Das Runterrollen und Hochschieben an den Bergen geschieht zwar mittlerweile automatisch, aber so anstrengend wie hier war es nirgends zuvor. Dreimal Perkele!!! Ab und zu kann ich einen Blick auf den Inari erhaschen – am Anfang der heutigen Fahrt und dann wieder bei Nellim. Allerdings kann ich keinen Unterschied feststellen.

An den Straßenrändern ist der Waldboden wie aufgeschnitten. Sehr gut lässt sich die obere dünne Erdschicht erkennen, dann folgen große Steine und Sand. 

Aufgeschnittener Lapplandboden am Straßenrand. 

Nellim ist endlich wieder ein Ort, den man auch Ort nennen kann. Am Ortseingang ist sogar ein Kaufmannsladen mit Kneipe und Tankstelle. An den drei Zapfsäulen blättert der Anstrich ab, nirgendswo ist der aktuelle Benzinpreis vermerkt. Ich frage mich, ob man hier überhaupt noch tanken kann. Im Kaufmannsladen erfahre ich, dass der in meiner Karte eingezeichnete Campingplatz seit Jahren nicht mehr existiert. Einen anderen gibt es nicht.

Weil es spät ist, will ich in der Nähe im Wald zelten. Zuerst fahre ich einen kleinen Weg in südöstlicher Richtung bis fast zur russischen Grenze. Alle paar hundert Meter steht ein Haus, wohnen Menschen. Das, was mich jetzt ständig begleitet, ist ununterbrochenes Hundegebell. Alle Leute hier scheinen einen oder mehrere Hunde zu besitzen, wahrscheinlich als Alarmanlage. Ist die Grenznähe daran Schuld? Auf jeden Fall ist dieser Weg ein Irrweg! Bei einem Haus sitzt ein Pärchen in Unterwäsche Bier trinkend auf der Treppe. "Wo kann ich denn hier mein Zelt aufbauen?", frage ich auf Englisch. No chance, alles sei hier Privatgrundstück. Und überall Hunde.

Also rolle ich wieder durch den Schotter bis nach Nellim zurück. Vorbei über einen rauschenden Fluss fahre ich weiter. Nach etwa drei Kilometern finde ich linke Hand ein freies, wildes Waldgelände. Das erscheint mir weit weg genug für die kläffenden Hunde von Nellim. Das Rad schleppe ich ein paar Dutzende Meter in den Wald. Diesmal gehe ich öfters und nehme das Gepäck einzeln. Zu sehr schmerzt noch der rechte Fuß. Endlich steht das Zelt – und ein Hund in der Nähe fängt an zu bellen. Nö, jetzt habe ich keine Lust mehr und stopfe mir Ohropax in die Ohren. Pax = Friede! Ich schlafe!

Dreizehnter Tag

Heute ist der krönende Tourtag. Mein Ziel soll das Erreichen der Mündung des Pasvikflusses sein – Paatsjoki, wie er hier in Finnland heißt. Damit möchte ich die Inari-Umrundung, meine Tour d’Inari, abschließen. Als ich die Ohropax aus den Ohren nehme, bellt der Hund immer noch!

Das Zelt ist schnell gepackt, die letzten acht Kilometer stehen an. Der Weg wird noch schlechter. Endlich eine Straßenkreuzung, nach links zeigt das Schild mit der Aufschrift ‚Paatsjoki‘. Nur noch wenige hundert Meter, und ich stehe wieder am Ufer des Paatsjoki. Etwa an dieser Stelle tritt das Wasser aus dem Inari-See heraus, um nach fast 150 Kilometern in den Varangerfjord zu fließen.

Überall stehen große Grenzschilder, die eindringlich und fünfsprachig vor einer Grenzverletzung warnen! Selbst an den Bäumen hängen etwa alle fünf Meter gelbe Schilder mit der Aufschift ‚RAJAVYÖHYKE‘ – Grenzzone. Edith Randa in Vaggetem erzählte mir auch, dass besonders die russischen Grenzsoldaten das Verhalten eines Jeden an der Grenze beobachteten und sofort ahndeten, wenn es zu einer Grenzverletzung käme. Absurd – ein Urwald mit gelben Ringen an den Bäumen!

Der Paatsjoki ist hier mehrere hundert Meter breit, eine Brücke führt über den ruhigen Fluss. Im Wasserlauf sind mehrere Inseln, ebenfalls mit diesen gelben Grenzschildern. Das Wasser reflektiert den blauen Himmel und die weißen Wolken. Am Ufer hole ich mir Frischwasser.

Da schaukelt ein Lastwagen mit russischem Kennzeichen über die Brücke und hält am anderen Ende an. Nanu, bin ich aus Versehen schon in Russland, oder hat der Lkw sich verfahren? Ein Mann nimmt Wasserproben, ich spreche ihn auf Englisch an. Nein, nein, dies sei finnisches Territorium, erklärt mir der Russe im perfekten Englisch.

Der etwa Mitfünfziger stellt sich als Nikolay Kashulin vor. Er komme aus dem russischen Apatity und sei Wissenschaftler am INEP – Institut für Nordische Ökonomische (Economic) Probleme. Er untersuche die Fischbevölkerung auf Verunreinigungseffekte, besonders durch Schwermetalle. Das mache er im Auftrag der russischen Regierung in Hinblick auf die Schadstoffbelastung durch das Kombinat Nikel. Dafür nähme er hier am Oberlauf Wasserproben.

Apatity... jetzt fällt es mir ein. Vom INEP hatte ich mal eine WebCam-Link auf meiner Internetseite. "Ja", lacht Nikolay Kashulin, "die zeigte mein Büro." Bei Raja-Jooseppi sei er über die Grenze gekommen, um heute seine Untersuchungen zu machen. Ich fotografiere ihn und er netterweise mich mit meiner Kamera.

Dann trennen sich unsere Wege. Ich muss zurück nach Nellim, weil ich keinen Bedarf mehr an eine Fahrradtour zurück nach Ivalo habe. Die körperlichen Strapazen sitzen mir in den Knochen. So hoffe ich, den Bus zu bekommen.

Der Russe Nikolay Kashulin, Wissenschaftler vom INEP und ein guter Fotograf!

Zeitig erreiche ich wieder den Kaufmannsladen. Da der Bus noch etwas braucht, wundere ich mich über den Bierumsatz in dem Laden. Jeder – wirklich jeder, der reinkommt, kauft mindestens ein Sechserpack, und oft wird die erste Flasche bereits im Auto geöffnet. Ist denn heute irgend ein finnischer Feiertag, ist eine Party in der Nähe, oder ist es alkoholfreies Bier? Der Bus kommt, ich kann es nicht mehr in Erfahrung bringen. Das Grenzdorf Nellim mit seinen bellenden Hunden und seinen Bier trinkenden Beifahrern bleibt hinter mir zurück.

Ivalo, das Zentrum in Lappland. Eine riesige Goldwaschschüssel steht in der Mitte des Kreisverkehrs am nördlichen Ortsende. Drei Tankstellen versorgen die Autos mit Sprit. Ein Mittelpunkt ist der Busterminal, hier treffen Busse aus ganz Finnland ein. Ein ständiges Kommen und Gehen! Fest angeschmiegt ist die Stadt an den Lauf des Ivalojoki. Auch ist bei Ivalo der nördlichste Flughafen Finnlands gelegen. Von dort finden regelmäßige Verbindungen z. B. nach Helsinki statt.

Mit dem Durchfahren von Ivalo - aus dem Bus bin ich vor dem Ortseingang ausgestiegen - beende ich meine Tour d’Inari. Die Hauptstraße ist mein Champs Élysée, die Goldwaschschüssel im Kreisverkehr mein Arc de Triumphe. Nach etwa 600 gefahrenen Radkilometern - reine Strecke etwa 440 Kilometer - habe ich mein Hauptziel, die Fast-Umrundung des Inari-Sees, abgeschlossen. Freude, Jubel? Nein, aber eine große Zufriedenheit erfüllt mich.

Am nördlichen Ende von Ivalo passiere ich die eigenwillige Form der Ivalo-Kirche. Sie wurde in den sechziger Jahren gebaut und ist die Zentralkirche des Inari-Distrikt. Mich erinnert die lutherisch-evangelische Kirche an einen steilen Zahn.

Wieder fahre ich die E75n zum Kirchdorf Inari entlang. Vor etwa zwei Wochen bei meinem Prolog war es spät in der Nacht, und ich hatte schlechtes Wetter; jetzt ist es heiß und trocken. Nun will ich auf den Aussichtspunkt ‚Inarijärvi näyttely‘, etwa zehn Kilometer hinter Ivalo.

Das Fahrrad muss ich am Fuß des steilen Berges stehen lassen. Selbst per pedes ist das zumindest für mich nicht ganz einfach, auf ein paar hundert Metern Wegstrecke eine Höhendifferenz von rund 180 Metern zurückzulegen. Entsprechend außer Puste bin ich und muss wortlos vier Euro Eintritt hinnehmen.

Eine Art Freilichtmuseum mit einer alten Lapinkota und anderen samischen Exponaten endet weiter an einem großen Holzhaus. Darin gibt es Souvenirs, Souvenirs... Das Café hat eine große Panoramaterrasse, von wo man wirklich einen tollen Blick in den Inari-See hat.

In einer Mappe mit Zeitungsausschnitten lese ich Interessantes und Kurioses um den Inari. Wie z. B. im Dezember 1984 eine russische Rakete auf dem zugeeisten See zerschellte. Das meiste Presseecho auf diese Begebenheit kam übrigens aus Deutschland, so kann ich es nachlesen.

Der Inarijärvi aus 320 Meter Höhe.

Der nächste Halt in der Hitze ist bei ‚Karhunpesäkivi‘ – der Bärenhöhle. Hier war ich bereits mal vor einigen Jahren. Damals wies nur ein altes blaues Schild am Straßenrand auf diese geologische Besonderheit hin, übrigens in Deutsch. Heute steht hier ein touristisches Vollunternehmen.

310 Holzstufen zähle ich auf meinem Weg zu der Kopf stehenden Gletschermühle. Mitten in einer Urlandschaft mit vielen größeren Findlingen liegt diese Eiszeithinterlassenschaft mit dem Namen Bärenhöhle. Zwar müssen die Touristen auf dem Boden herumkriechen, um in das Steininnere zu kommen, dafür sieht es darin fast wie in einer Tropfsteinhöhle aus.

Abenteuerlicher Einstieg in die Bärenhöhle.

Interessanter wird es dagegen hinter der Bärenhöhle. Hier ist eine wilde Natur, die im Detail sehr schön ist - wie umgestürzte Bäume, bizarre Wurzeln und lange Ameisenstraßen. Kaum ein Tourist oder Wanderer ist hier anzutreffen – das wilde Lappland. Dabei bin ich nur wenige Meter von Kitsch und Nepp entfernt. Nach einiger Zeit tauche ich aus der Urzeit in die Jetztzeit und trinke neben der Weihnachtsmannfigur am Parkplatz eine Cola.

Der Straßenverkehr macht mir nichts mehr aus. Den nächsten Berg donnere ich hinunter, und - 50,6 kmh! Absoluter Rekord! 

Den folgenden Halt mache ich wenige Kilometer vor dem Kirchdorf. Von dieser Abzweigung versuche ich den 340 Meter hohen Berg ‚Tuulispäät‘ zu erklettern. Im Volksmund heißt der Berg ‚Lazy Man’s Mountain‘, erzählt mir Sauli. Kein Wunder, bis zur Spitze führt ein Autoweg. Ganz oben steht ein großer Sendemast, immerhin Finnlands höchstes Bauwerk.

Je höher ich komme, desto mehr fallen mir die vielen verbrannten Bäume auf. Da zieht eine schwarze Wolkenwand in meine Richtung. Vereinzelt zucken Blitze auf. Aha, das ist also die Ursache für die verkohlten Stämme. Nirgends wo kann ich eine Unterstellmöglichkeit finden. Hoffentlich verwechselt mich ein Blitz nicht mit einem Baum und erreiche im Regen die Bergspitze. Nach vorne habe ich einen weiten und herrlichen Blick über den Inari, im Rücken donnert und blitzt es. Dafür muss ich keinen Eintritt bezahlen. In der Ferne kann ich die Insel Ukko ausmachen wie auch die großen Inseln Levia und Hoikka Petäjäsaari. Hier in 340 Meter Höhe ein weiterer Höhe-Punkt meiner diesjährigen Tour!

Vierzehnter Tag

Mit dem Ende meiner Radtour ist auch der Sommer in Lappland zu Ende. Waren es die letzten Wochen meist 25 bis 30 Grad, so sackt heute die Temperatur auf 10 Grad! Dazu regnet es ununterbrochen. Eine große Depression macht sich im Kirchdorf breit.

Meine Toursiegesfeier findet im Hotelli statt. Ich sitze in einer Nikotinqualmwolke, der Regen prasselt an die Scheiben. Froh bin ich darüber, keine Kilometer mehr machen zu müssen. Einen Pokal gefüllt mit Champagner gibt es nicht, statt dessen ein Bier aus 'nem Plastikglas. Ich proste mir selbst zu. Der Fuß schmerzt zwar noch immer, aber dennoch habe ich mein mir gestecktes Ziel geschafft! Es war eine beeindruckende Fahrt durch eine der wenigen wirklichen Naturlandschaften Europas!

Es fehlten zwar nur etwa 30 Kilometer an der finnisch-norwegischen Grenze, die eine komplette Umrundung ausgemacht hätten - allerdings in einem sumpfigen Gebiet ohne Straßen und Wege. 

Aber das ist der Stoff für eine neue Lapplandreise!

Das Ziel ist erreicht. Ich stehe mit dem Rad nach ziemlich genau 600 Kilometern Gesamtstrecke am Paatsjoki. (Foto: Nikolay Kashulin)
Das Tour-Fahrrad
 

Die Basis bildete ein kleiner Trapezrahmen aus leichtem Aluminium. Das Schaltwerk war ein Alivio-8-Gang von Shimano, das auf der Tour ohne Probleme arbeitete.

Bei den Reifen wurden Schwalbe Marathon Plus verwendet. So hatte ich keine Reifenpanne unterwegs!

Das Beste war die Hydraulik-Felgenbremse von MAGURA, Typ HS33. Bei jedem Wetter und jeder Geschwindigkeit funktionierte sie bestens! Als "Notbremse" war vorne eine Shimano V-Brake verbaut.

 

 
 
Autor: Th. Bujack
Veröffentlichung und Verbreitung nur mit Einverständnis des Autors!

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